Was bei den Tieren ganz einfach und normal erscheint, ist
für uns Menschen oft mit einem Prozess verbunden.
Wenn die Menschenkinder das Nest verlassen, beginnt man doch
ein wenig nachdenklich zu werden. Ein Abschied steht an, ein neuer
Lebensabschnitt, sowohl für das Kind, als auch für einen selbst. So stehe auch
ich nun zum zweiten Mal vor so einem Wendepunkt, oder nein, eigentlich schon
mitten drin.
Schon vor mehr als drei Jahren verließ meine Große unsere
gemeinsame Wohnung um fortan ihr Leben mit ihrem Freund zu verbringen. Damals
war es, so schien es mir zumindest, doppelt schwer, weil ihr Fortgehen für mich
die Möglichkeit eröffnete, das frei gewordene Zimmer als Praxisraum zu nutzen.
Dies erforderte jedoch, dass ein Zimmer komplett geräumt werden musste. Bei
jedem Stück der Möbel blutete mein Herz.
Die Jahre sind vergangen und sie hat ihren neuen Weg ganz
wunderbar gemeistert und wir verbringen immer wieder schöne Stunden zusammen.
Nun, genau an seinem Geburtstag hat auch mein Jüngerer seine
Sachen gepackt.
Sein Schrank ist leer, Kisten und Koffer sind gepackt und
warten auf ihren Abtransport in seine neue Bleibe, sein neues zukünftiges
Zuhause. Alles ging sehr schnell, sowohl für ihn, wie er mir sagt, als auch für
mich.
Mein Mutterherz ist schwer, auch wenn mein Verstand weiß,
dass es längst Zeit für ihn geworden ist, seinen eigenen Weg zu gehen. Sich
selbst neu zu entdecken und neue Erfahrungen zu machen. Selbst bestimmt und
selbst verantwortlich.
Obwohl wir längst getrennte Wege gehen und fast nur noch die
Wohnung zusammen teilten, nehmen Gedanken an längst vergangene Tage ihren Raum
ein. Was haben wir doch alles erlebt, zusammen gelacht und auch geweint,
gestritten und uns nicht verstanden. Aber wie es bei Abschieden so ist, besinne
ich mich an die schönen, lustigen Stunden.
Wo ist die Zeit hingekommen. Grad noch und doch schon.....
Heute vor 24 Jahren hielt ich ihn zum ersten Mal in meinen
Armen und nun stapeln sich die Kisten mit seinen Habseligkeiten vor mir. Er ist
erwachsen geworden, Zeit das Nest zu verlassen.
Ich weiß, dass es gut ist, dennoch füllen sich meine Augen
immer wieder mit Tränen. Ich erlaube mir, diesen stillen Schmerz zuzulassen,
denn heute ist mir danach zumute und das darf sein. Morgen beginnt ein neuer
Tag und schon bald wird das Neue zur Normalität werden. Für mich vielleicht
sogar schneller, als für ihn, der in eine neue Stadt mit neuen Menschen zieht.
Mutig ist er und entschlossen.
Er wird es schaffen. Mein Herz wünscht ihm dazu das
Allerbeste und ich sage ihm, was immer passiert, ich bin für dich da.
Als Mutter darf ich stolz sein, habe ich doch meine Kinder fast zur Gänze allein groß gezogen. Nun hatte mein Jüngster die Kraft und den Mut ganz allein alles in die Wege zu leiten, um den Absprung aus dem Nest zu wagen.
Flieg los, mein kleiner Vogel und wachse zu einem stolzen Adler 😊
Wenn Eltern ihren Kinder Flügel geben, birgt dies die Chance, sich selbst auch wieder neue Flügel wachsen zu lassen. Das Leben und sich neu zu entdecken. Frei von der Verantwortung für die Nachkommenschaft.
Von 💓 zu 💓
(c) Erika Klann
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