Es war im März 2002. Ich war seit 2,5 Jahren alleinerziehende
Mutter und hatte zu dem Zeitpunkt in
verschiedener Hinsicht anstrengende und schmerzhafte Zeiten hinter mir. Ich war
zudem berufstätig und hatte zwei Kinder im Alter von 8 und 10 Jahren zu
versorgen. Die beiden waren nicht immer einfach - heute weiß ich, dass sie mir
mein damaliges Innenleben spiegelten. Außerdem hatten sie auch den Verlust
ihres Vaters zu verkraften.
Ich war damals oft ermüdet und konnte mich schwer aufmachen,
etwas anderes zu tun, als die Tätigkeiten, die ich tun musste. Haushalt, Job und Kinder. So begab es
sich an einem Sonntag, dass ich nur müde war. Ich hatte öfters niedrigen Blutdruck.
Ich schleppte mich regelrecht durch die Wohnung... die Kinder daneben und in
dem Moment war mir klar, dass es so nicht weiter gehen konnte.
Ich musste etwas tun ! Etwas was meinen Kreislauf in Schwung
bringen würde.
Aber was? Laufen war mein erster Gedanke..... ABER
....ich konnte bisher nie laufen. Als ich Jahre zuvor in
einem Turnverein eingeschrieben war und wir ab und an "locker" durch
die Halle laufen sollten, überwand MICH
immer mein innerer Schweinehund - der mir vehement zuflüsterte "Du kannst
das nicht!" "Du bekommst keine Luft!" "Es macht keinen
Spaß!" "So ein Blödsinn!" "Hör auf damit!"
JA, mein Schweinehund war sehr stark und er konnte mich gut überreden,
dem Laufen absolut nichts Positives abzugewinnen. Ich war felsenfest davon
überzeugt, dass Laufen wohl eine gute Sache wäre, ABER nicht für mich.
An jenem bewussten Sonntag, war mir aber klar, dass ich nun
NEU denken musste, weil so konnte ich meinen Kindern nicht die Mutter sein, die
ich mir wünschte zu sein - glücklich, gesund und aktiv. Vor allem, wollte ich
ihnen mehr bieten, als einen sonnigen Nachmittag in der Wohnung, mit einer
"kaputten" Mutter.
Also begann ich zunächst einmal "probeweise" am
Stand zu joggen, dann erweiterte ich meinen Lauf auf die gesamte Wohnung. Für
die Kinder war das sehr lustig, weil sie mir nachliefen. Mein Blick wanderte
ständig zur Uhr und ich war sehr verwundert, dass mir nach einer halben Stunde
noch immer nicht die Luft ausgegangen war. Ich konnte es gar nicht glauben.
So entschied ich, meine "Lauferfahrung" vom
Vormittag am Nachmittag auf seine
"Echtheit" zu prüfen. Als Spaziergängerin "verkleidet" in
Begleitung meines Sohnes am Fahrrad machte ich
mich langsam auf den Weg um das Laufen im Freien auszuprobieren. Ich
hatte mir ein Ziel vorgenommen, das vielleicht maximal 3 km entfernt war und
wollte von dort zurück spazieren. Ich lief langsam und siehe da - ich lief hin
und nach einer Pause wieder zurück!!
Wahnsinn, ich konnte es gar nicht fassen - ich und laufen?!!
Es war für mich, wie ein Weltwunder. Etwas, was ich nie
gedacht hätte, war auf einmal möglich geworden.
Ab diesem Zeitpunkt lief ich regelmäßig. Zuerst jeden
zweiten Tag, dann steigerte ich mein Laufverhalten auf fast jeden Tag. Nicht
nur, dass ich täglich rannte, so wollte ich immer weitere Strecken zurück
legen. Konnte ich einen Tag nicht laufen, konnte ich es gerade noch aushalten.
2 Tage ohne laufen waren allerdings furchtbar für mich. Ich lief zu jeder
Jahreszeit und sogar bei 30 Grad. Bald hatte ich Kleidergröße 32-34 - bzw.
konnte ich in der Kinderabteilung einkaufen gehen. Ich fühlte mich wohl und
auch nicht zu dünn. Abgesehen davon hatte ich einmal in einer schweren Phase
meines Lebens mit 20 Jahren kurzfristig
Kleidergröße 42-44.
Manchmal erst um 20 oder 21 Uhr am Abend, wenn ich meinen Job und meinen
Haushalt erledigt hatte, musste Laufen UNBEDINGT sein. Es tat mir auch wirklich
gut.
Ich hatte Spaß daran. Fühlte
mich rundherum wohl.
Ich lief und lief und lief.......ich war eine Süchtige
geworden....
In einigen Phasen meiner Darmerkrankung musste ich kürzer
treten, aber sobald es mir besser ging, war ich schon wieder unterwegs.....bis
zu dem Zeitpunkt wo mein Rücken mir das entsprechende Signal gab! STOP!
Dann musste ich zwangsläufig kürzer treten und mein Ansporn
"immer weiter, immer mehr" ließ deutlich nach. Aber ich lief nach wie
vor regelmäßig (nur eben kürzere Strecken von ca.
6 km)
Als ich 2011 mit meinen Ausbildungen begann und in Folge viel
an mir arbeitete, wurde ich zunehmend ganz von allein langsamer. Ich wollte
nicht mehr nur "schnell" eine Runde in der Natur sein und laufen -
ich wollte die Natur genießen und länger erleben. Beim Laufen spult man mehr
oder weniger seine Strecke herunter, man bleibt eher nicht stehen um die Natur
zu genießen. Wobei ich schon anmerken möchte, dass ich in meinem ersten Laufjahr die Veränderungen der
Jahreszeiten sehr wohl wahr genommen habe, aber anders, nicht so subtil.
So entdeckte ich das Walken als neue Möglichkeit mich
einerseits zu bewegen und andererseits die Natur viel mehr zu genießen. Anfangs
wechselte ich laufen und walken ab, wobei das Walken immer mehr die Oberhand
gewann. Wenn ich walke bin ich zwischen 1,5 bis
2,5 Stunden unterwegs und merke aber, dass wenn ich es übertreibe, mir
mein Körper SOFORT ein Signal gibt.
Ich habe gelernt, auf das Signal zu hören, nicht mehr davon
zu laufen oder zu walken, sondern einfach auch zu relaxen, genießen, mit mir zu
sein - so wie ich es in einem meiner vorigen Blogs (Ein Ausflug mit mir - vom
süßen "Nichts-tun") beschrieben habe.
Heute bin ich frei von "LAUFEN-MÜSSEN" - ich treffe
meine jeweilige Wahl..
Ich bin sehr froh, dass ich damals entgegen meinen
bisherigen Glaubensätzen, mir selbst die Chance gab, das Laufen überhaupt für
mich in Erwägung zu ziehen. Es war eine tolle Erfahrung.
Ich bin überzeugt davon, dass wir in unserer Gesamtheit
(Körper-Geist-Seele) Bewegung brauchen. Das soll im Klartext bedeuten, Bewegung
in körperlicher als auch in geistiger Form.
Mir scheint, dass es darum geht, den Mittelweg für sich zu
entdecken und vor allem auf die Signale des Körpers zu hören und den nötigen
Raum zu geben.
Körper - Geist - Seele - eine Einheit.
Von Herz zu Herz
(c) Erika Klann