Wenn ich am Morgen die Rollläden raufziehe, wartet meistens meine Katze Belinda schon draußen auf
ihr Frühstück.
Eines Morgens war sie nicht da. Ich begann mir schon ein
wenig Sorgen zu machen, dass sie nun nach Romeos Verschwinden auch weg wäre.
Als ich dann den Rollbalken vom Wohnzimmer aufzog und das Fenster öffnete, sah
ich sie in der Wiese sitzen. Rund um sie eine Menge grauer Federn und einige
davon in ihrem Maul.
"Oh, Gott", so dachte ich bei mir, "sie hat
schon wieder einen Vogel erwischt."
Sie ließ den Vogel los und begann mit ihm zu spielen. Zu
meiner Überraschung begann die Taube zu fliegen, aber nicht sehr hoch, sodass
die Katze sie wieder runterholte. Entsetzt beobachtete ich dieses, für mich
grausame, Spiel.
Der Vogel lebte noch, also hätte er eine Chance, wenn ich
die Katze von ihm trennen konnte, allerdings befand ich mich noch im Pyjama.
Die Katze brachte mir jedoch, vermutlich damit ich mit ihr mitspiele, den Vogel
auf den Balkon!
Überall Federn und die Taube bewegte sich noch.
Es gelang mir, die Katze in die Wohnung zu locken, sodass
der Vogel zunächst einmal in Sicherheit war.
Er lag am Rücken so nahe bei der Balkontür, dass ich nur
seine Schwanzfedern sehen konnte, aber auch, dass er kräftig atmete. "Vielleicht
würde er überleben", so hoffte ich.
Die Katze miaute natürlich die ganze Zeit, weil ich sie von
ihrem Spielzeug getrennt hatte.
Ich war böse auf die Katze und verstand nicht, warum Katzen
Tiere nur zum Spaß töten, oder anders gesagt, ihre Opfer zu Tode spielen. Die Mäuse
fressen sie zumindest teilweise, aber die Vögel bleiben meistens liegen, sobald
sie sich nicht mehr bewegen. Zumindest
die größeren Tiere, wie Amseln oder Tauben.
Es ist die Natur der Katze, ihr Instinkt. Aber was genau ist
das für ein Instinkt, ein Tier solange zu jagen, bzw. damit zu spielen, bis es
tot ist, um es dann einfach liegen zu lassen?
Ich könnte es noch verstehen, wenn die Katze das erlegte
Tier fressen würde. Jagen des Hungers wegen, oder um zu Überleben. Das macht
zumindest Sinn, aber jagen nur um zu
töten.. macht das Sinn?
Den Katzen vergeben wir, weil sie ja so süße Schnurrer sind.
So kuschelig sein können. Belinda ist
auch eine ganz Süße mit ihren lange
Haaren und ihren Beinen, die so tollpatschig aussehen und mehr an ein Kuscheltier
erinnern, als an eine eiskalte Jägerin. Solange wir mit dieser Tatsache nicht
direkt konfrontiert werden, wie ich heute Morgen wieder einmal, solange ist
auch alles ok. So lange lieben wir unsere "Stubentiger".
Aber wenn der Tod, oder das versuchte Töten so nahe an mich
heran kommen, da stelle ich auch meine Liebe zur Katze sehr in Frage.
Gleichzeitig ist mir aber bewusst, dass wir Menschen in mancherlei Hinsicht
auch nicht viel anders sind.
Ich denke an die Massentierhaltung, wo wir um den
"Hunger" zu stillen, Tiere auf unwürdige Weise züchten, um sie dann zu töten. Das ganze um den Hunger
der Menschen zu stillen, gleichzeitig erzeugen wir aber viel zu viel, sodass
jede Menge der geschlachteten Tiere weggeworfen werden.
Ist es wirklich
nötig, dass das Angebot an Fleisch- und Wurstwaren so groß ist? So groß, dass
viel zu viel davon im Müll landet. Ist Leben so wenig wert?
Früher gab es am Sonntag den Sonntagsbraten, oder Schnitzel.
Darauf hat man sich gefreut und es geschätzt. Heute konsumieren wir vielerorts
Fleisch, ohne darüber nachzudenken oder sogar dankbar zu sein, dass dafür ein
Lebewesen sein Leben gelassen hat.
Ich persönlich esse kein Fleisch mehr und es fehlt mir auch
nicht. Ich möchte mir nicht anmaßen, jemanden bekehren zu wollen,
allerhöchstens zum Nachdenken anregen, ob (täglicher) Billigfleischkonsum
wirklich eine Notwendigkeit ist - vor
allem tut es dem Körper auch nicht wirklich gut.
Letztlich muss dies jedoch jeder für sich selbst
entscheiden.
Ich denke darüber nach, was ich tun könnte, um der Taube zu helfen. Immer wieder schaue ich auf den
Balkon. Nach einer Weile sehe ich, dass sie sitzt und später langsam über den
Balkon spaziert und immer wieder nach wenigen Schritten stehen bleibt.....am
Rücken hat sie kaum mehr Federn.
soll ich
.....einen Käfig besorgen, damit sie sich geschützt erholen
kann?
.....sie zu einem Tierarzt bringen?
.....die Wildtierhilfe anrufen?
"Es ist nur eine Taube." Aber was bedeutet
"nur" eine Taube? Ist eine Taube weniger wert, als ein anderes Tier?
Ich weiß schon, dass Tauben sehr oft Schädlinge sind, aber hier auf meinem
Balkon sitzt ein Tier, dass verwundet wurde, dem heute schon Übles passiert ist,
das vermutlich Todesangst hatte. Kann ich es auf "nur eine Taube"
reduzieren, der keine Hilfe zusteht?
Ein paar Körner habe ich ihr hingestellt und kollodiales
Silberwasser, aber sie nimmt es nicht an....
Ich denke daran, dass sich die Menschheit in mancher Hinsicht nicht so sehr von
der Katze unterscheidet.
Die Katze tötet den Vogel, weil sie vorher spielen wollte -
wie oft werden Menschen gequält oder sterben Menschen, weil jemand anderer Profit
gemacht (also Spaß) hat?
Ich schiebe diese trüben Gedanken beiseite und beschließe
für mich, mich noch mehr in Achtsamkeit zu üben. Anfangen kann ich nur bei mir selbst.
Noch während ich diesen Blog verfasse, schaue ich nach der
Taube und stelle fest, dass sie weg ist.
Ich finde sie auch nirgendwo in der Wiese.
Ich bin froh und dankbar, dass sie es geschafft hat und aus
eigener Kraft davon fliegen konnte.
Der Katze vergebe ich
natürlich - morgen werde ich sie schon wieder streicheln - heute ist sie
noch in "Ungnade". Es ist ihre Bestimmung, so zu sein und das zu tun,
was sie macht - Jagen.
So gibt es auch
Menschen, die eine Bestimmung haben, die uns missfallen mag.
Jedoch ist jedes Missfallen ist eine Chance es für sich selbst anders
zu machen bzw. nach-zu-denken.
Schon Michael Jackson setzte sich in seinem Lied "Heal the world" für eine bessere
Welt ein.
Von Herz zu Herz
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen