In der zweiten Hälfte der 80iger Jahre war ich bei einer
Patentanwaltskanzlei beschäftigt. Von meinem Platz konnte ich ins Nebenzimmer
sehen, das durch eine Glaswand abgetrennt war. Genau in meinem Blickfeld hatte
Frau Ilse ihren Arbeitsplatz, die ich damals natürlich mit ihrem Nachnamen
ansprach. Frau Ilse war damals knapp zwanzig Jahre älter, stammte aus einem der
österreichischen Bundesländer und lebte zu jener Zeit mit ihrem Mann und ihrer
kleinen Tochter in Wien. Sie war eine aufgeweckte, aber auch sehr ernste Dame,
die ich sehr schätzte. Ab und an plauderten wir miteinander. Die kleine Familie
hatte in den nahen Bergen von Wien ein Haus gekauft, das sie liebevoll
renovierte. Eines Tages kündigte Frau Ilse ihren Job in der Kanzlei, da die
Familie beschlossen hatte, die Stadt zu verlassen um fortan auf dem Land in
ihrem Häuschen zu leben. Ich kann mich noch gut erinnern, wie sie erzählte,
dass sie sich nun ganz ihrer Familie widmen und zuhause bei ihrer Tochter sein wollte.
Sie freute sich damals sehr.
Die Jahre vergingen. Hin und wieder dachte ich an Frau Ilse, ganz besonders, als
2012 eine Freundin in ihre Nähe gezogen war. Der Weg zu jener Freundin führte durch das Dorf in das meine ehemalige
Kollegin damals gezogen war und jedes Mal wenn ich dort durchfuhr, dachte ich an sie.
Wie es ihr wohl gehen würde? Ob alles wohl so gekommen ist, wie sie es sich
damals ausgemalt hatte? Ob sie gesund ist usw? Ich hatte aber auch keine
Adresse und es waren auch schon so viele Jahre vergangen.
Dieser Tage musterte ich meine Bücher aus und dabei entdeckte ich
in einem Buch ein Kuvert mit einer Weihnachtskarte. Es war von Frau Ilse! Sie
hatte mir damals liebe Weihnachtsgrüße gesendet und mir mitgeteilt, dass sie
nun endlich ein Telefon hätte. Die Nummer hatte sie mir ebenfalls bekannt
gegeben. Ich kann heute gar nicht mehr sagen, ob wir damals je telefoniert
hatten, denn das telefonieren war noch relativ teuer und ich lebte damals laut
des Kuverts noch bei meinen Eltern.
Dieses Kuvert bewog mich nun im Internet nach ihr zu suchen.
Bald wurde ich fündig. Adresse und Telefonnummer waren noch die gleichen wie auf dem Kuvert von damals angegeben. Ich
überlegte, ob ich sie einmal anrufen soll, oder ob es einfach schon zu lange
her war. Der Poststempel ist nicht mehr zu lesen, aber das Kuvert muss ungefähr
aus dem Jahr 1987-88 stammen. Während ich noch überlegte, fiel mein Blick auf
einen Eintrag weiter unten auf der Internetseite. Ein Parte mit ihrem Namen.
Ich klickte den Link an und tatsächlich, sie war im Jänner
2014 ganz plötzlich verstorben. Auf dem Parte war ein Foto
von ihr abgedruckt und ja so hatte ich sie in Erinnerung.
Es wurde still in mir, denn ich hatte sie verpasst!
Ich fragte mich, was mir gerade jetzt dieses Kuvert, nach Übersiedlungen und ca. 30 Jahren sagen wollte? Es könnte viele Botschaften
haben... beispielsweise:
- verpasse keine Gelegenheit Zeit mit dir lieben Menschen zu verbringen, wenn du den Impuls dazu spürst
oder aber
- das Gute das wir tun, bleibt immer in den Herzen jener, die wir ehrlichen Herzens berührt haben.
Von 💖 zu 💖
(c) Erika Klann
Liebe Erika, ich kann das total gut nachvollziehen- mir ist es genau so ergangen und meine Bekannte ist auch 2014 verstorben (allerdings lagen nicht so viele Jahre zwischen dem letzten Wiedersehen wie bei dir)... und ich fand ihre Parte auch online- ich war sehr überrascht und traurig. Aber manchmal bekommt man wohl so Impulse und manchmal ist es leider auch zu spät für ein reales Wiedersehen in diesem Leben. Alles Liebe:-), Astrid.
AntwortenLöschenLiebe Astrid, vielen Dank, für deine Geschichte und deine Gedanken :-)
LöschenJa, manchmal ist es einfach so. Herzliche Grüße Erika