Oft findet man in den „Sozialen Netzwerken“ Sprüche, die
beginnen wie „wahre Freundschaft ist….“, „Ein wahrer Freund ist immer für dich
da, wenn… “ „Ein wahrer Freund hört dir immer zu, und sagt nicht Jammern
dazu“….. und vieles ähnliches.
Ich lasse diese Sprüche immer in mir wirken und denke über
die Erfahrungen nach, die ich in meinem Leben machten durfte.
Was ist Freundschaft? Wie kommt sie zustande bzw. was
verbindet sie?
Freundschaften beginnen manchmal schon im Kindergarten, in
der Schule, am Ausbildungsplatz, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, durch
einen Partner, durch die eigenen Kinder, durch soziale Netzwerke und ganz viel
mehr. Freundschaften können auch
Verbindungen sein, die vorm Alleinsein „retten“.
So wie das Leben einem ständigen Wandel unterliegt, so ist
es auch mit Freundschaften. Manche freundschaftlichen Verbindungen sind eine
Zeit lang sehr intensiv, man hört oder sieht sich fast täglich, dann flaut es vielleicht
wieder ab, und erneuert sich zu einem anderen Zeitpunkt wieder.
Manche Freundschaften sind oft nur auf den Zeitraum einer
Zusammenarbeit, einer Ausbildung, der Nachbarschaft – d.h. auf bestimmte Lebensumstände
beschränkt. Solche Gemeinsamkeiten ver-binden.
Mit dem Ende dieser Gemeinsamkeiten gehen diese Freundschaften oft auch wieder
auseinander.
Es gibt auch eher oberflächliche Freundschaften - fast nur eine Art Spaßgesellschaft. Man unterstützt
sich vielleicht mit Kleinigkeiten, aber sonst lässt man sich nicht weiter drauf
ein.
So gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten und der Bogen spannt sich dabei bis zu ganz
tiefen Freundschaften. Freundschaften, in denen man sich vertraut und einlässt,
sich alles erzählt was einem so am
Herzen liegt bzw. bewegt. Man hört sich zu, fühlt sich ein, und springt auch
mal auf die Bremse, wenn der Andere sich ständig im Hamsterrad dreht und aus
seinem Gefühlschaos nicht heraus findet.
Der Unterschied zum „sich ausweinen“ und „jammern“ liegt
dort, ob ein wirklicher (innerer) Wunsch nach Lösung da ist. Eine Trennungs-/Trauer- und Loslösungsphase ist
immer nötig und ist immer ganz individuell. Jeder braucht eine gewisse Zeit,
bis alle Gedanken und Gefühle „durchgearbeitet“ sind. In diesem
wichtigen Prozess ist es sicher
tröstlich, wenn jemand da ist, der
Anteil nimmt. Irgendwann hat man alles weitgehend für sich geklärt, sozusagen
ver-arbeitet und kann wieder vorwärts gehen. Ein neuer Weg kann gegangen
werden.
Beim Jammern gibt es meist keine Klärung. Alles dreht sich jahrelang
um das gleiche Thema, immer wieder aufs Neue. Meistens kann/will man auch die
„Hilfe“ von Freunden gar nicht annehmen. Eine professionelle Hilfe wäre eine
gute Wahl, um aus dieser Kummer-Spirale herauszufinden. Oft verbergen sich
dahinter auch unaufgelöste Traumen aus der frühen Kindheit. Leider ist es auch oft
so, dass man sich „nur“ durch dieses Leiden definiert und von einer unbewussten
Angst beherrscht wird „wer bin ich, wenn ich dieses Leid los lasse“ – es geht
auch um die Verantwortung für das eigene Leben.
Nun zurück zur Freundschaft…..
Ist es gut, sich von einem Freund etwas zu erwarten? Ist
Freundschaft ein Gegengeschäft – so frei nach dem Motto – „ich gebe dir,
dafür bekomme ich…. „
Freilich schmerzt es, wenn ein alter Freund dir längst vergangene
Hilfestellungen vorwirft. Oder die „gute“ Freundin hinter deinem Rücken Lügen
und verdrehte Tatsachen erzählt, usw.
Für mich ist es selbstverständlich Freunde zu unterstützen,
wenn sie meine Hilfe benötigen, aber ich helfe aus dem Herzen, ohne der
„Goldwaage“ um dann irgendwann alles fein säuberlich abzuwägen und dann mit
einem wehleidigen „wenn ich gewusst hätte, dann…..“ - „ein wahrer
Freund ist, jemand der sieht wenn du ihn brauchst“
Aber mal ehrlich – geht es dabei letztlich nicht um die
Befriedigung des EGOS ?
Sieh dich um, und du wirst bemerken, dass viele Menschen so
sehr mit sich selbst beschäftigt sind, bzw. mit sich selbst kaum fertig werden.
Wie kann dir jemand zur Seite stehen, der mit sich selbst kaum klar kommt?
Ich habe dazu unter anderem eine irgendwie witzige Erfahrung
gemacht….
…einem langjährigen Bekannten ging es nach seiner Scheidung
nicht so gut…ihm waren verschiedene Dinge nicht klar. Ich bot ihm an, mit ihm
einmal ausführlich darüber zu reden. Meinem damaligen Partner erklärte ich,
dass mir dieser Bekannte als Mensch sehr wichtig ist, und ich ihm gern ein
wenig beistehen würde. Dieser Gesprächsabend fand dann auch statt. Ich
versuchte dieser Person auch neue Perspektiven zu öffnen, Mut für die Zukunft
zu machen etc…..
Ungefähr 1-2 Jahre später hatte er wieder eine Partnerin
gefunden, was mich auch sehr freute.
Vor versammelter Runde sagte
er dann einmal „Ich habe noch die leere Flasche Wein in der Wohnung, als
DU Probleme hattest und zu MIR gekommen
bist….Ich gestehe, dass ich angesichts dieser „veränderten“ Tatsachen ziemlich
perplex war.
Freilich hatte mir diese Person in der Vergangenheit bei
anderen Dingen auch schon geholfen – keine Frage – und ich war auch stets dankbar dafür – aber
gilt es wirklich abzuwägen, wer, wann, was getan hat? Das Ego spielt uns oft
einen großen Streich.
Was bedeutet es, wenn man sich in einer Freundschaft etwas
erwartet? Kann es sein, dass man sich dadurch auch von seiner
Eigenverantwortung drücken will?
In einer für mich sehr aufwühlenden Zeit war ich mit einer
Freundin sehr verbunden, die wohl selbst ein sehr aufgewühltes Innenleben
hatte. Manchmal war ich so durcheinander, dass ich sie spontan aufsuchte oder
anrief. ABER sie öffnete nicht (obwohl ich durch ihre Tür hörte, dass sie da war)
– oder sie nahm das Telefon nicht ab. Ich gestehe, dass ich in der Situation
sicher kurz enttäuscht war, aber die Situation annahm und mich eben allein mit
meinem Inneren auseinander setzte und es war auch gut so, weil ich mich
unabhängig machte und mich auch näher zu mir selbst brachte. Die
Freiheit nicht von der Präsenz anderer abhängig zu sein. In vielen anderen
Situationen verband uns eine tiefe und gute Freundschaft.
Ich bin für diese Zeit und Erfahrungen sehr dankbar und wenn
sie auch nicht immer da war, so war sie doch eine WAHRE Freundin – in dem
Ausmaß wie es ihr möglich war.
Man darf aber auch davon ausgehen, dass nicht jeder für die Sorgen des anderen
aufnahmebereit sein kann, weil man eben mit sich selbst beschäftigt ist – oder
zumindest im eigenen Hamsterrad läuft. Läuft man nicht manchmal Gefahr einer
Freundschaft zuviel abzuverlangen?
Ein Spruch, den jemand in mein Stammbuch aus Kindertagen
geschrieben hatte, begleitet mich schon mein ganzes Leben:
„Erwarte nicht von anderen, dass sie für dich tun, was
du selbst tun kannst.“
Was auch soviel bedeutet, wie „nur du kannst dir selbst der beste Freund sein“.
Wenn dich jemand um Hilfe bittet, dann hilf nur, wenn du es aus dem Herzen
tust, ansonsten lass es einfach. Kein Mensch, der bewusst lebt, wird Hilfe
fordern, wenn jemand nicht dazu bereit ist.
Es gibt auch professionelle Hilfeleistungen – und bedenke
für wie viele Dinge du Geld ausgibst die vergänglich sind. Eine Investition in
die Entwicklung deiner Persönlichkeit bleibt bestehen.
Wenn du gibst, dann gib von Herzen, ohne auch nur die
kleinste Erwartung daran zu knüpfen. Nicht einmal ein DANKE sollst du dir
erwarten – und wenn du eine Gegenleistung brauchst, dann hinterfrage WARUM? Wo
bzw. wann in meinem Leben habe ich zu
wenig bekommen, dass ich von Gegenleistungen abhängig bin?
Jeder Freund ist ein WAHRER Freund – den Unterschied macht
nur die Motivation und Verbindung (innere oder äußere). Wenn sich etwas daran
ändert, die äußeren Umstände oder du in deinem Inneren, kann sich die tiefste
Freundschaft ändern, wenn der/die FreundIn nicht mitgehen kann. Daran ist aber
nichts Böses, sondern es findet einfach eine Form der Entwicklung und
Veränderung statt. Je leichter du –
gerade in dieser Zeit der Veränderungen –
diese Veränderungen annehmen kannst, desto leichter und positiv bleiben
deine Gedanken und Gefühle.
- Wenn du das Gefühl hast, dass du zuviel gegeben und zu wenig genommen, dann frage dich, wo du dir selber zu wenig gibst und gut zu dir bist?
- Wenn jemand deinen immerwährenden, jahrelangen, gleichen Problemen nicht mehr anhören kann, dann überlege, warum du etwas von jemand erwartest, was du selber nicht „ER-tragen“ kannst und wie deine Qualität als Freund ist? Ob es nicht einmal Zeit ist, etwas zu ändern um der Freundschaft wieder eine neue positive, schöne Richtung zu geben.
Jede Freundschaft (egal von welcher Qualität sie ist) ist ein Geschenk, eine Gelegenheit sich weiter zu entwickeln, sich selbst zu erkennen und erfahren.
Sei dankbar für jeden Freund, der je in deinem Leben war,
ist oder sein wird !
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