Donnerstag, 3. September 2015

WAHRE Freundschaft


Oft findet man in den „Sozialen Netzwerken“ Sprüche, die beginnen wie „wahre Freundschaft ist….“, „Ein wahrer Freund ist immer für dich da, wenn… “ „Ein wahrer Freund hört dir immer zu, und sagt nicht Jammern dazu“….. und vieles ähnliches.

Ich lasse diese Sprüche immer in mir wirken und denke über die Erfahrungen nach, die ich in meinem Leben machten durfte.

Was ist Freundschaft? Wie kommt sie zustande bzw. was verbindet sie?
 
Freundschaften beginnen manchmal schon im Kindergarten, in der Schule, am Ausbildungsplatz, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, durch einen Partner, durch die eigenen Kinder, durch soziale Netzwerke und ganz viel mehr. Freundschaften können  auch Verbindungen sein, die vorm Alleinsein „retten“.

 Meistens ist eine äußere Verbindung der erste Schritt zum „Zusammenkommen“.  Lernt man sich dann besser kennen, finden sich zumeist einige Gemeinsamkeiten, wie z.B. ähnliche Lebenserfahrungen, ähnliche Lebensumstände, Lebens-Geschichten usw. Das ist das Gesetz der Anziehung.

 
So wie das Leben einem ständigen Wandel unterliegt, so ist es auch mit Freundschaften. Manche freundschaftlichen Verbindungen sind eine Zeit lang sehr intensiv, man hört oder sieht sich fast täglich, dann flaut es vielleicht wieder ab, und erneuert sich zu einem anderen Zeitpunkt wieder.

 
Manche Freundschaften sind oft nur auf den Zeitraum einer Zusammenarbeit, einer Ausbildung, der Nachbarschaft – d.h. auf bestimmte Lebensumstände beschränkt. Solche Gemeinsamkeiten  ver-binden. Mit dem Ende dieser Gemeinsamkeiten gehen diese Freundschaften oft auch wieder auseinander.

 
Es gibt auch eher oberflächliche Freundschaften -  fast nur eine Art Spaßgesellschaft. Man unterstützt sich vielleicht mit Kleinigkeiten, aber sonst lässt man sich nicht weiter drauf ein.
So gibt es eine breite Palette von Möglichkeiten und  der Bogen spannt sich dabei bis zu ganz tiefen Freundschaften. Freundschaften, in denen man sich vertraut und einlässt, sich  alles erzählt was einem so am Herzen liegt bzw. bewegt. Man hört sich zu, fühlt sich ein, und springt auch mal auf die Bremse, wenn der Andere sich ständig im Hamsterrad dreht und aus seinem Gefühlschaos nicht heraus findet.
 

Der Unterschied zum „sich ausweinen“ und „jammern“ liegt dort, ob ein wirklicher (innerer) Wunsch nach Lösung da ist.  Eine Trennungs-/Trauer- und Loslösungsphase ist immer nötig und ist immer ganz individuell. Jeder braucht eine gewisse Zeit, bis alle  Gedanken und Gefühle „durchgearbeitet“ sind. In diesem wichtigen Prozess ist es  sicher tröstlich, wenn  jemand da ist, der Anteil nimmt. Irgendwann hat man alles weitgehend für sich geklärt, sozusagen ver-arbeitet und kann wieder vorwärts gehen. Ein neuer Weg kann gegangen werden.

Beim Jammern gibt es meist keine Klärung. Alles dreht sich jahrelang um das gleiche Thema, immer wieder aufs Neue. Meistens kann/will man auch die „Hilfe“ von Freunden gar nicht annehmen. Eine professionelle Hilfe wäre eine gute Wahl, um aus dieser Kummer-Spirale herauszufinden. Oft verbergen sich dahinter auch unaufgelöste Traumen aus der frühen Kindheit. Leider ist es auch oft so, dass man sich „nur“ durch dieses Leiden definiert und von einer unbewussten Angst beherrscht wird „wer bin ich, wenn ich dieses Leid los lasse“ – es geht auch um die Verantwortung für das eigene Leben.
Nun zurück zur Freundschaft…..
Ist es gut, sich von einem Freund etwas zu erwarten? Ist Freundschaft ein Gegengeschäft – so frei nach dem Motto – „ich gebe dir, dafür bekomme ich…. „
 
Freilich schmerzt es, wenn ein alter Freund dir längst vergangene Hilfestellungen vorwirft. Oder die „gute“ Freundin hinter deinem Rücken Lügen und verdrehte Tatsachen erzählt, usw.
 
Für mich ist es selbstverständlich Freunde zu unterstützen, wenn sie meine Hilfe benötigen, aber ich helfe aus dem Herzen, ohne der „Goldwaage“ um dann irgendwann alles fein säuberlich abzuwägen und dann mit einem wehleidigen „wenn ich gewusst hätte, dann…..“ - „ein wahrer Freund ist, jemand der sieht wenn du ihn brauchst

Aber mal ehrlich – geht es dabei letztlich nicht um die Befriedigung des EGOS ?

Sieh dich um, und du wirst bemerken, dass viele Menschen so sehr mit sich selbst beschäftigt sind, bzw. mit sich selbst kaum fertig werden. Wie kann dir jemand zur Seite stehen, der mit sich selbst kaum klar kommt?

Ich habe dazu unter anderem eine irgendwie witzige Erfahrung gemacht….

…einem langjährigen Bekannten ging es nach seiner Scheidung nicht so gut…ihm waren verschiedene Dinge nicht klar. Ich bot ihm an, mit ihm einmal ausführlich darüber zu reden. Meinem damaligen Partner erklärte ich, dass mir dieser Bekannte als Mensch sehr wichtig ist, und ich ihm gern ein wenig beistehen würde. Dieser Gesprächsabend fand dann auch statt. Ich versuchte dieser Person auch neue Perspektiven zu öffnen, Mut für die Zukunft zu machen etc…..
Ungefähr 1-2 Jahre später hatte er wieder eine Partnerin gefunden, was mich auch sehr freute.
Vor versammelter Runde sagte  er dann einmal „Ich habe noch die leere Flasche Wein in der Wohnung, als DU Probleme hattest und zu  MIR gekommen bist….Ich gestehe, dass ich angesichts dieser „veränderten“ Tatsachen ziemlich perplex war.
 
Freilich hatte mir diese Person in der Vergangenheit bei anderen Dingen auch schon geholfen – keine Frage –  und ich war auch stets dankbar dafür – aber gilt es wirklich abzuwägen, wer, wann, was getan hat? Das Ego spielt uns oft einen großen Streich.
 
Was bedeutet es, wenn man sich in einer Freundschaft etwas erwartet? Kann es sein, dass man sich dadurch auch von seiner Eigenverantwortung drücken will?
 
In einer für mich sehr aufwühlenden Zeit war ich mit einer Freundin sehr verbunden, die wohl selbst ein sehr aufgewühltes Innenleben hatte. Manchmal war ich so durcheinander, dass ich sie spontan aufsuchte oder anrief. ABER sie öffnete nicht (obwohl ich durch ihre Tür hörte, dass sie da war) – oder sie nahm das Telefon nicht ab. Ich gestehe, dass ich in der Situation sicher kurz enttäuscht war, aber die Situation annahm und mich eben allein mit meinem Inneren auseinander setzte und es war auch gut so, weil ich mich unabhängig machte und mich auch näher zu mir selbst brachte. Die Freiheit nicht von der Präsenz anderer abhängig zu sein. In vielen anderen Situationen verband uns eine tiefe und gute Freundschaft.
Ich bin für diese Zeit und Erfahrungen sehr dankbar und wenn sie auch nicht immer da war, so war sie doch eine WAHRE Freundin – in dem Ausmaß wie es ihr möglich war.

Man darf aber auch davon ausgehen, dass  nicht jeder für die Sorgen des anderen aufnahmebereit sein kann, weil man eben mit sich selbst beschäftigt ist – oder zumindest im eigenen Hamsterrad läuft. Läuft man nicht manchmal Gefahr einer Freundschaft zuviel abzuverlangen?

 
Ein Spruch, den jemand in mein Stammbuch aus Kindertagen geschrieben hatte, begleitet mich schon mein ganzes Leben:

„Erwarte nicht von anderen, dass sie für dich tun, was du selbst tun kannst.“

Was auch soviel bedeutet, wie „nur du  kannst dir selbst der beste Freund sein“. Wenn dich jemand um Hilfe bittet, dann hilf nur, wenn du es aus dem Herzen tust, ansonsten lass es einfach. Kein Mensch, der bewusst lebt, wird Hilfe fordern, wenn jemand nicht dazu bereit ist.
Es gibt auch professionelle Hilfeleistungen – und bedenke für wie viele Dinge du Geld ausgibst die vergänglich sind. Eine Investition in die Entwicklung deiner Persönlichkeit bleibt bestehen.

 
Wenn du gibst, dann gib von Herzen, ohne auch nur die kleinste Erwartung daran zu knüpfen. Nicht einmal ein DANKE sollst du dir erwarten – und wenn du eine Gegenleistung brauchst, dann hinterfrage WARUM? Wo bzw. wann  in meinem Leben habe ich zu wenig bekommen, dass ich von Gegenleistungen abhängig bin?

 
Jeder Freund ist ein WAHRER Freund – den Unterschied macht nur die Motivation und Verbindung (innere oder äußere). Wenn sich etwas daran ändert, die äußeren Umstände oder du in deinem Inneren, kann sich die tiefste Freundschaft ändern, wenn der/die FreundIn nicht mitgehen kann. Daran ist aber nichts Böses, sondern es findet einfach eine Form der Entwicklung und Veränderung statt. Je leichter du  – gerade in dieser Zeit der Veränderungen –  diese Veränderungen annehmen kannst, desto leichter und positiv bleiben deine Gedanken und Gefühle.

  •  Erkenne in jeder Freundschaft eine WAHRE Freundschaft und sei dankbar, für alles was du dadurch bekommen/erfahren hast.
 
  • Wenn du das Gefühl hast, dass du zuviel gegeben und zu wenig genommen, dann frage dich, wo du dir selber zu wenig gibst und gut zu dir bist?
 
  • Wenn jemand deinen immerwährenden, jahrelangen, gleichen Problemen nicht mehr anhören kann, dann überlege, warum du etwas von jemand erwartest, was du selber nicht „ER-tragen“ kannst und wie deine Qualität als Freund ist? Ob es nicht einmal Zeit ist, etwas zu ändern um der Freundschaft wieder eine neue positive, schöne Richtung zu geben.
 

Jede Freundschaft (egal von welcher Qualität sie ist)  ist ein Geschenk, eine Gelegenheit sich weiter zu entwickeln, sich selbst zu erkennen und erfahren.

Sei dankbar für jeden Freund, der je in deinem Leben war, ist oder sein wird !
 
 
 

 (c) Erika Klann

 

 

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