Der See
In früheren Zeiten mochte ich ihn nicht besonders. Sein Wasser war mir zu trüb und zu seicht. Außerdem war ich der Meinung, dass er stank. Nun ja, er ist ein Steppensee, nicht sehr tief und sein Grund ist oft schlammig.
In früheren Zeiten mochte ich ihn nicht besonders. Sein Wasser war mir zu trüb und zu seicht. Außerdem war ich der Meinung, dass er stank. Nun ja, er ist ein Steppensee, nicht sehr tief und sein Grund ist oft schlammig.
Im Sommer verbrachte ich die heißen Tage viel lieber in
einem Freibad und so kam es, dass ich kaum in der Gegend um den See war. Ich
schenkte ihm und seinem Umfeld kaum Beachtung.
Aber dann kam die Zeit, wo es sich durch Freunde und Bekannte
ergab, dass man Tage am See verbrachte. Ich war anfangs eher wenig begeistert, da ich
ihn ja nicht mochte und doch erwachte etwas in mir, das sich im Laufe der Jahre
zu etwas für mich ganz Besonderem entwickelte. Fast zwei Jahrzehnte zieht es
mich nun zu jeder Jahreszeit zu ihm hin.
Ob es nun Frühling ist, wo ich an seinen Ufern mit dem
Fahrrad fahre. Mich dabei an den Strahlen der Frühlingssonne erwärme, oder mich
am Blühen der umliegenden Obstbäume erfreue. Ab und an sitze ich auf einem der
umliegenden Hügel und bestaune den See mit den ersten Segelbooten nach der
Winterpause und der umliegenden Landschaft von oben.
Im Sommer finde ich Abkühlung in seinem Nass. Den Blick aufs
Wasser, hinaus in die Ferne genieße ich oft stundenlang. Einfach sitzen und
schauen. Ich erfreue mich am Schaukeln der Segelboote mit ihren bunten Segeln,
wenn Entenfamilien vorüber schwimmen
oder einfach an den Wellen. Wellen, die manchmal ziemlich heftig sein können,
aber dann, wenn es fast windstill ist, bekommt der See ein ganz eigenes
"Gesicht". Das Wasser wird zu einer riesengroßen Spiegelfläche. Ich
sitze und schaue, falle vielleicht in
einen sanften Schlummer oder treibe auf meiner Matratze, während die Sonne
meine Haut streichelt. Gerade wenn kaum Wind geht, kann ich mich abends nur schwer
los reißen, weil es irgendwie so still wird. So friedlich. Die Menschen, die
noch vom Badetag dort sitzen, oder jene die einfach nur einen Abendspaziergang
machen, alle blicken gebannt zur Sonne, wenn sie hinter den sanften Hügeln
verschwindet.
Im Herbst, wenn die Blätter der Weinstöcke sich langsam
verfärben und wenn die Menschen am See noch die letzten warmen Sonnenstrahlen
einzufangen scheinen. Die Weinlese schon im vollen Gang ist, die Gastwirtschaften der umliegenden Ortschaften schon
den ersten Sturm der Saison anbieten und die Radsaison am See langsam ihr Ende findet.
Auch dann hat der See seinen ganz besonderen Reiz.
Aber auch im Winter, so wie jetzt, nach einer längeren
Kälteperiode, wenn sein Wasser zu einer dicken Eisschicht gefroren ist. Wenn
die Sonne an einem strahlenden Tag den Schnee am Eis glitzern lässt und abends
ihre rote Scheibe hinter dem Nebel verschwindet. Selbst, wenn der Tag nebelig
bleibt, so hat der See seinen ganz eigenen Flair. Ich stehe auf der Eisfläche,
alles ist weiß und es ist, als gäbe es nur mich, mich in der Natur und mein Blick
scheint wieder in der Endlosigkeit zu versinken. Ganz weit draußen am Eis kannst
du, wenn du bereit dazu bist, die Ruhe spüren und es gibt nichts zu tun, als zu
sein. Das Knacken des Eises unterbricht meine Gedanken für einen kurzen Moment.
Und ja, sogar im Winter muss ich mich immer los reißen, möchte noch eine Runde
hinaus fahren und noch nicht zurück zum Steg, möchte den Blick hinaus in die Weite
noch einmal aufnehmen, wieder und wieder.
Doch weiß ich, dass unsere Trennung nicht von Dauer ist. Es
liegt an mir, wann ich mich wieder seinem Zauber und dem seiner Umgebung
hingebe. Selbst, wenn das Wetter einmal nicht so schön ist, für mich ist er
immer schön. In all den Jahren ist er für mich eine Art Heimat geworden, auch wenn ich nicht direkt bei
ihm wohne, er ist .... meine ganz besondere Liebe.
Wäre es nicht schön, wenn wir von all unseren Beziehungen,
allen voran unseren Liebesbeziehungen, genauso denken und fühlen würden?
Wie viele Menschen sind ein Paar und wissen gar nicht, was
sie am anderen überhaupt lieben, oder ob sie ihn/sie nach vielen Jahren
überhaupt noch lieben? Man ist zusammen, weil man sich einst verliebt hat, aber
was blieb davon? Gibt es noch diesen Zauber, dieses vom anderen berührt werden,
und damit meine ich jetzt nicht das rein körperliche Berühren. Berührt werden
und wertschätzen, was der andere dir ist. Ob nun die Sonne scheint, ob es
regnet, kalt ist oder stürmt, ganz egal zu welcher Jahreszeit. Die Wärme im
Herzen ist es, die zählt.
Berühre und lass dich berühren!
Von 💖 zu 💖
(c) Erika Klann
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